„Ich glaube, wir müssen hier lang.“
„Hm, bist du sicher? Sieht nicht so aus, als ginge es da vorne noch weiter“.
„Lass‘ mal über die Steine hier klettern, dort ein Stückchen durchs Wasser und dann an dem Ast hoch, vielleicht kommen wir dann wieder auf einen festen Weg.“
Herzlich willkommen im Khao Lak-Lam Ru Nationalpark!
So oder so ähnlich läuft unsere Konversation darüber ab, ob wir uns wohl auf dem richtigen Weg befinden oder uns — wieder einmal — hoffnungslos verlaufen haben. Denn man muss wissen: Wir sind Meister darin, uns zu „verfransen“. Ich dachte bislang und denke immer noch, über einen recht guten Orientierungssinn zu verfügen. Aber manchmal, wenn wir hier so unterwegs sind, da ist der wie abgestellt. Als wäre auch mein innerliches GPS im Urlaub und statt mir zu Diensten zu sein, lümmelt es genüsslich bei einem kalten Cocktail am Strand. Während ich mir also sicher bin, wir müssten in die eine Richtung, deutet Verena genau in die entgegengesetzte. Meist liegt die Wahrheit dann wie so oft irgendwo in der Mitte. Immerhin können wir von uns behaupten, mehr rumzukommen als andere. Getreu dem Motto: Wer keinen Orientierungssinn besitzt, sieht mehr von der Welt.
So balancieren wir bei brütender Hitze seit einer Viertelstunde vorsichtigen Fußes über aus dem Wasser ragende Steine und angeschwemmtes Treibholz in der Hoffnung, auf einen befestigten Weg zu stoßen. Weit und breit ist kein Schild zu sehen und so langsam schwant uns, dass wir hier womöglich doch falsch sind.
Was uns zurück zu eingangs erwähntem Dialog führt.
Wir sehen ein, dass es hier tatsächlich nicht mehr weitergeht und machen kehrt. Immerhin kommen wir so erneut in den Genuss der traumhaften Landschaft um uns herum. Es gibt beileibe schlechtere Plätze für einen Umweg.
An dieser Stelle will ich schonungslos offen sein und einen absoluten Anfängerfehler eingestehen.
Voller Tatendrang habe ich die Kamera im Anschlag — so einen Ausflug macht man schließlich nicht ohne adäquate Ausstattung zur Beweisaufnahme. Ich kann es kaum erwarten, diesen tollen Strandabschnitt und die umliegenden Details vor die Linse zu kriegen und dann — ist der Akku leer.
Oh. Nein.
Wohl dem, der eine Ersatzbatterie dabei hat, mag man nun meinen. Tja, die habe ich sogar dabei. Dumm nur, wenn auch die ohne Saft ist. Das passiert mir so schnell nicht wieder!
Zum Glück ist das Smartphone voll aufgeladen und wir müssen später nicht gänzlich ohne festgehaltene Erinnerung nach Hause fahren.
Der Khao Lak La-Rum Nationalpark wurde uns als Ausflugsziel von unserer Gastgeberin Nat empfohlen, die uns freundlicherweise sogar postwendend hinfährt. Wie im letzten Artikel schon erwähnt, ist der Eintritt in den Park im Ticketpreis des Ton Chong Fa Waterfalls inbegriffen — das gilt allerdings nur für Besuche am selben Tag. Wir müssen also ein neues Ticket zu 200 Baht pro Person kaufen und bekommen eine ursprünglich handgezeichnete und durch Kopie vervielfältigte Karte der Umgebung ausgehändigt. Ein klitzeklein wenig will ich unsere vorige Orientierungslosigkeit auch diesem kruden Stück Papier zuschreiben. Thai-Karten im Allgemeinen haben die Angewohnheit, es in Sachen Maßstabs-Treue nicht ganz so genau zu nehmen. Wo 1 Zentimeter eben noch 1 Kilometer entsprach, sind es an anderer Stelle derer plötzlich 7. So steht zum Beispiel auch in dieser Karte ein Wasserfall eingezeichnet, der auf den ersten Blick in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar sein sollte. Doch weit gefehlt: Mit dem Taxi dauert die Fahrt knapp 20 Minuten. Oftmals kann man nur erahnen, wie groß die Entfernungen wirklich sind. Manches Mal sind Dinge auch einfach gar nicht einzeichnet. Oder aber an der falschen Stelle. Oder…
Wir drehen jedenfalls noch mal eine kleine Runde, genießen die herrliche Aussicht und sind fest entschlossen, den offiziellen Rundweg, der in rund 1,5 Stunden einmal durch den Park führt, doch noch ausfindig zu machen.
Und siehe da: Kurz darauf finden wir ihn, den Startpunkt des eigentlichen Rundgangs, geschickt versteckt im Schatten eines kleinen Restaurants mit toller Aussicht. Einen stärkenden Mango-Shake später ist der Rucksack geschultert und wir machen uns auf den Weg.
Der Trail ist für sich genommen nicht besonders anspruchsvoll, hier und da geht es mal etwas steiler hoch oder bergab, alles in allem stellt er aber keine größere Herausforderung dar. Wir wandern durch dicht bewachsene Waldabschnitte…
… über knorrige Baumwurzeln hinweg und an herabhängende Lianen vorbei und erfreuen uns dabei immer wieder schöner Ausblicke auf die parallel verlaufene Andamanensee.
Small Sandy Beach
Nach rund einer Stunde nähern wir uns einer kleinen Bucht und dem darin gelegenen Small Sandy Beach. Desto weiter wir herabsteigen, desto öfter erlauben uns die sich lichtenden Pflanzen einen Blick auf diesen malerisch gelegenen Strand.
Wir blenden die Handvoll Besucher um uns herum aus und fühlen uns ein bisschen wie die Entdecker einer neuen Welt.
Wir setzen uns auf einen der großen Steine, lassen die Füße baumeln und fantasieren darüber, unsere Sachen daheim in Container zu packen und sie hierher verschiffen zu lassen, um fortan ein Dasein als Fischer zu fristen– spätestens an dieser Stelle jedoch steigt Verena aus der schönen Vorstellung aus.
Nach einiger Zeit verdunkelt sich der Himmel über unseren Köpfen, also marschieren wir weiter — und erreichen ein kurzes Waldstück später auch schon den Ausgang des Parks.
Auf dem Weg in unsere Unterkunft kommen wir übrigens nicht in Verlegenheit, uns abermals zu verlaufen: Eine Freundin von Nat bietet ihre Fahrdienste an und bringt uns ohne Umwege und trockenen Fußes zurück ins Nautical Home B&B.
Uns hat der Ausflug in den Khao Lak-Lam Ru-Nationalpark definitiv Spaß gemacht, bietet er doch eine willkommene Abwechslung zum allgegenwärtigen Bade-Alltag in Khao Lak.
Doch jetzt entschuldigt bitte, wir müssen dann mal wieder an den Strand…
In diesem Sinne:
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