Was macht eine Weltreise eigentlich zu einer Weltreise? Theoretisch könnte man sich ja einfach in den Flieger setzen, einmalig die Reiserichtung festlegen (nach Osten oder nach Westen) und sich so von Flughafen zu Flughafen bewegen. Ein paar Umstiege, etliche Tomatensäfte und zahllose Filmwiederholungen später ist man zurück am einstigen Startpunkt und freut sich, einmal um die Welt geflogen zu sein.
Lustiger Gedanke, aber wahrscheinlich eher nicht das, was man gemeinhin unter einer Weltreise versteht.
Nimmt man die eigentliche Bezeichnung wortgetreu, wird der Globus natürlich durchaus einmal umrundet, wobei selbst das in der Praxis häufig nicht allzu genau genommen wird. Manch einer spricht bei einem mehrmonatigen Trip über einen Kontinent oder durch eine Region — wie beispielsweise Südostasien — schon von einer Weltreise. Für andere dauert sie mindestens ein Jahr oder hat am besten gleich ein offenes Ende. Und so manchem kommt der morgendliche, schlaftrunkene Weg vom Bett ins Bad schon wie eine Weltumrundung vor. (Ein dem Autor natürlich völlig unbekanntes Phänomen).
Lebenstraum Weltreise
Doch ganz gleich, wie man es nennen mag, das Hinausziehen in die Ferne ist seit jeher ein von vielen Menschen gehegter Traum. Befragt man gängige Internet-Suchmaschinen zum Thema „Lebensträume“, „Wünsche und Ziele“ oder artverwandte Begriffe, erhält man eine Vielzahl an Ergebnissen, basierend auf Umfragen quer durch alle Altersschichten. Die Antworten decken sich mit Stichproben in meinem eigenen sozialen Umfeld unter Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen. Nahezu jeder nennt früher oder später in der Aufzählung „eine Weltreise machen“.
Die beiden schönsten Dinge sind die Heimat, aus der wir stammen, und die Heimat, nach der wir wandern. -Heinrich Jung-Stilling
Die Argumente dafür sind vielfältig: Die einen sehnen sich einfach nach einer möglichst langen Auszeit von Job und Alltag und sehen einen Tapetenwechsel als ideale Gelegenheit dazu an. Wer kann es ihnen beim Gedanken an malerische Strände, bunte Tempel oder sattes Weidegrün verdenken? Andere wollen ihre Fremdsprachenkenntnisse auffrischen, fremde Kulturen erleben, andersartiges Essen kosten, ihren Horizont erweitern. Und ein Großteil hat sich noch überhaupt keine näheren Gedanken zum Thema gemacht, fände es aber „schon ganz cool“. Denn auch das ist eine Weltreise: Ein hübsches Etikett, dass man gerne in seinem Lebenslauf zur Schau stellt, weil’s unheimlich hip ist, bestens in unsere von Globalisierung geprägte Zeit passt und es herrlich weltmännisch wirkt, so was mal gemacht zu haben.
Würde man mich nach meiner Motivation für eine Weltreise befragen, wäre sicher von allen zuvor genannten Punkten etwas dabei. Genau genommen kann ich mich an keine Phase in meiner jüngeren Vergangenheit erinnern, in der ich nicht in irgendeiner Art und Weise vom Reisen geträumt und damit verbunden meinen Wunsch nach einer großen Tour um die Welt zum Ausdruck gebracht hätte.
Doch abgesehen von kleineren Abstechern ins europäische Umland und einer blindlings durchgeführten vierwöchigen Exkursion nach Nepal im Anschluss an meine Berufsausbildung, war ich in Sachen Fernreisen lange ein relativ unbeschriebenes Blatt. Das änderte sich Ende 2012, als ich meinen Rucksack packte und alleine nach Thailand flog, „zur Trockenübung“ auf bevorstehende Reisen, wie ich es immer nenne. Hier merkte ich, welcher Reisetyp ich bin und wie eine längere Tour für mich aussehen könnte. In Thailand selbst hat es mir übrigens so gut gefallen, dass ich zu Silvester 2014 gleich wieder hingeflogen bin.
Eine Frage des Zeitpunkts
Ein großer Stolperstein auf dem Weg zur Weltreise ist für viele die Wahl des richtigen Zeitpunkts. Ich glaube ja, den gibt es — wie so oft — gar nicht oder aber er offenbart sich nur durch unser tatkräftiges Zutun.
Verena und ich haben uns vor rund zwei Jahren auf der Terrasse unseres Lieblingsitalieners gesagt: Komm’, 2017 machen wir das. Und haben ab diesem Tag auch wirklich rigoros Geld für dieses eine große Ziel auf die Seite gelegt. Doch natürlich ist es damit alleine nicht getan, vielmehr war das der Startschuss für eine Reihe von Fragen, denen wir uns stellen mussten.
Wir waren uns früh darüber im Klaren, dass wir unsere schöne Mietwohnung unter keinen Umständen würden aufgeben wollen. Da wir „nur“ sechs Monate unterwegs sein werden, lohnt eine Kündigung schon alleine aus monetärer Sicht nicht. Die Suche nach einer neuen Bleibe samt Renovierungs- und Umzugskosten und gegebenenfalls der Maklergebühr würden uns deutlich teurer kommen. Da Untervermieten für uns auch keine Option war, müssen wir wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und fein artig unsere Miete bezahlen. Nach unserer Rückkehr wird Verena außerdem wieder ihren vorherigen Job aufnehmen, während ich mich auf die Suche nach etwas Neuem mache.
Nachdem diese elementaren Eckpfeiler abgesteckt waren, machten wir uns an die Routenplanung. Zudem galt es, den Traum am Leben zu halten und den zahlreichen Konsum-Versuchungen des Alltags zu widerstehen. Was sich zu meiner Überraschung zunehmend einfacher gestaltete. Irgendwann war ich so im Flow, was das Sparen anging, dass es mir richtig leicht fiel. Parallel dazu stieg der Fokus auf die Reise weiter an, weil ich merkte: Hier geht was, wir machen das jetzt wirklich. Zum Glück ging es Verena genauso, und gegenseitig konnten wir uns in Momenten der Schwäche gegenseitig zum Durchhalten animieren.
Und so stehen wir jetzt hier, nach über zwei Jahren des Sparens, des Vorfreuens, der Recherche und ja, auch des Verzichts, um in wenigen Tagen aufzubrechen zu unserer ganz eigenen, ganz individuellen Reise um die Welt.
Ich kann es kaum erwarten!
Leave A Reply