Die letzten Tage ist es sträflicherweise etwas ruhiger um uns geworden, was einen ganz banalen Grund hat: Wir verfügen im Camper nur über unzureichend oder — je nach Region — über gar kein Internet. Klingt nach 1996 und irgendwie ganz schön abenteuerlich? Is es in der Tat, wie so viele andere Dinge, die wir in den vergangenen Tagen zum ersten Mal erlebt haben.
Doch fangen wir vorne an.
Unser Flug von Sydney ins neuseeländische Christchurch verläuft nach Plan und entpuppt sich als einer der angenehmsten der bisherige Reise. Das liegt zum einen an der kurzen Flugdauer von drei Stunden, zum anderen an der noch recht neuen Maschine, dem üppigen Platzangebot und dem umfangreichen Bordprogramm. (Ja, über sowas freut man sich nach zwei Monaten auf Reisen tatsächlich).
Wir landen gegen frühen Vormittag in Christchurch, wo wir tags darauf unseren Camper entgegen nehmen sollten. Für die erste Nacht buchen wir uns ein Hotelzimmer in Flughafennähe und nur zehn Autominuten vom Fahrzeugverleih entfernt.
Unsere Unterkunft ist noch recht neu und gehört zur bekannten Camper-Marke Jucy, von denen hier in Neuseeland etliche auf den Straßen zu sehen sind. Das Zimmer ist klein aber zweckmäßig und schlägt mit 90 Euro die Nacht zu Buche. An das gehobene Preisniveau werden wir uns hier gewöhnen müssen, Asien haben wir auch in dieser Hinsicht hinter uns gelassen.
Wie Kinder, die sich auf den bevorstehenden Geburtstag freuen, gehen wir an diesem Abend früh schlafen — umso schneller stünde der neue Tag an, an dem wir endlich unseren Camper in Empfang nehmen und unsere achtwöchige Reise durch Neuseeland starten würden!
Unser Zuhause auf vier Rädern
Schon von Weitem sehen wir ihn da stehen, wie er sich im Licht der noch frühen Sonne neben seinen Artgenossen badet und nur darauf wartet, aus nächster Nähe in Augenschein genommen zu werden. „Das isser, hundertprozentig“, raune ich Verena zu, als wir an dem noch recht jung aussehenden Gefährt vorbei in Richtung Anmeldung laufen.
Ich sollte recht behalten — fast. Tatsächlich handelt es sich bei dem Camper zwar um unser künftiges Zuhause, allerdings ist „er“ eine „sie“, wie wir kurze Zeit später bei der Einweisung lernen.
„All hard working machines are female“. Wer mag da widersprechen?
Dürfen wir also vorstellen — das ist unsere Betty:
Den Namen haben wir ihr gegeben und finden, er passt ganz ausgezeichnet. Bevor wir uns aber mit Betty auf die Straße wagen dürfen, gibt uns die Dame vom Verleih einen Crashkurs in Sachen Campervan und dem Camping an sich. Wir lernen unter anderem, wo die Gasflasche für den Gasherd sitzt, mit welchem Kabel wir auf Plätzen mit Stromzufuhr (sogenannte Powered Sites) an den elektrischen Saft kommen, wie man frisches Wasser ins und verbrauchtes Wasser aus dem Fahrzeug bekommt oder wie das „Dumpen“ funktioniert — also dem Loswerden dessen, was man zuvor selbst in der Toilette losgeworden ist.
Das Ganze dauert rund zehn Minuten und danach haben wir zwar einiges gehört, aber nur wenig so wirklich verstanden. Das käme alles von selbst, wenn man’s erstmal gemacht hat, bekommen wir versichert. Weitere zehn Minuten später sind wir auch schon auf der Straße und unterwegs zum nächsten Supermarkt, um uns dort mit einem Grundstock an Lebensmitteln für unser künftiges Leben als Camper auszustatten.
Die ersten Tage als Camper
Weder Verena noch ich haben vor unserem Trip nach Neuseeland besonders große Camping-Erfahrung gesammelt. Nun ist es nicht so, dass man dafür extra einen Führerschein gemacht haben müsste, aber dennoch gibt es einige Dinge, mit denen muss man sich arrangieren:
1. Ein Camper ist erwartungsgemäß keine 3-Zimmer-Wohnung, Platz und Stauraum sind (sehr) begrenzt.
2. Strom gibt es zwar, doch nicht durchgängig und nicht überall. So funktionieren Steckdosen nur bei Anschluss an eine Powered Site auf einem der teuren Campingplätze. Mal eben einen Kaffee brühen und dabei dem Meeresrauschen am einsamen Strand lauschen? Ist nicht.
3. Die Monate März und April zählen in Neuseeland zum Spätsommer mit starker Auslegung in Richtung Herbst, dementsprechend kühl können die Nächte werden.
4. Autark sein birgt Pflichten: Die Toilettenkassette will regelmäßig geleert, der Wassertank aufgefüllt und Abwasser entsorgt werden.
5. Ich habe es eingangs bereits angesprochen: Internet ist auf den neuseeländischen Inseln ein rares Gut. Wo die Abstinenz auf freien Grünflächen oder kostengünstigen Camper-Parks verständlich ist, wirken die 250-Gratis-MB WiFi auf den teuren Top 10 Holiday-Parks eher wie ein schlechter Scherz.
Doch dann sind da diese unzähligen anderen Momente.
Die, bei denen wir durch endlose Täler an kristallklaren Bergseen vorbeifahren, in denen sich die Sonne spiegelt.
Die, in denen wir stundenlang bei eisigem Wind einen nicht enden wollenden Sandstrand entlanglaufen und das Gefühl haben, die einzigen Menschen auf der Welt zu sein.
Die, in denen wir vom Bett unserer Betty aus bei klarem Nachthimmel das „Kreuz des Südens“ suchen, wohlwissend, dass man dieses Sternbild nur auf der südlichen Halbkugel sehen kann.
Die, bei denen wir unser Nachtlager direkt am Meer aufschlagen und mit dem Rauschen des Wassers im Hintergrund einschlafen.
Die, in denen wir morgens aufwachen und realisieren: Wir sind tatsächlich auf der anderen Seite der Welt.
Und dann wissen wir einmal mehr: Wir haben alles richtig gemacht.
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